Dr. Wolfgang Stegemann
Dr. Wolfgang Stegemann

Der Zauberwürfel des Bewusstseins - Eine integrative Perspektive

1. Einleitung

 

Beschäftigt man sich mit dem Thema Bewusstsein, gewinnt man schnell den Eindruck, man hätte es mit einem Zauberwürfel, einem Rubik's Cube zu tun. Da gibt es verschiedene Perspektiven, verschiedene Aspekte und verschiedene Begriffe. Wie soll man diese nur alle unter einen Hut bringen? Es ist wie beim Zauberwürfel, wildes Herumprobieren führt nicht zum Ziel.
Betrachten wir zunächst die Perspektiven:


Aus der 1. Person Perspektive wird Bewusstsein meistens mit Qualia gleichgesetzt, also mit dem subjektiven persönlichen Empfinden. Warum eigentlich? Man tut so, als würde das Individuum nur empfinden, nicht aber abstrakt denken. Wenn ich mich mit Einsteins Relativitätstheorie beschäftige, verspüre ich selten gleichzeitig Hunger. Die abstrakte Denkweise nimmt mich voll in Anspruch.

 

Andersherum wird Bewusstsein aus der dritten Person Perspektive meistens mit den höheren kognitiven Funktionen in Verbindung gebracht, so, als gäbe es kein Erleben.


Von hieraus versucht man dann nicht nur Bewusstsein zu definieren, man nimmt diese Perspektive auch als Ausgangspunkt für künstliche allgemeine Intelligenz (AGI) und meint damit letztlich menschliche oder menschenähnliche Intelligenz.

Man neigt also dazu, einzelne Perspektiven zu verabsolutieren. Man sieht, es gibt vier Perspektiven, aus denen Bewusstsein unterschiedlich erscheint. Nehmen wir noch die Unterscheidung zwischen dem psychologischen Bewussten und Unbewussten hinzu, ergeben sich weitere Dimensionen des Bewusstseinsbegriffs. Das medizinische Begriffspaar bewusst und bewusstlos würde noch eine zusätzliche Dimension ins Spiel bringen.

 

Schließlich wird das Ganze noch dadurch verkompliziert, dass man Bewusstsein oft als Aufmerksamkeit beschreibt, also den Zustand, in dem man sich auf einen Gegenstand fokussiert und sich mit diesem konkret auseinandersetzt.

Über was wollen wir also reden, wenn es ums Bewusstsein geht? In jedem Fall ist es wichtig, vor jeder Diskussion zu definieren, um welchen Gegenstand es konkret gehen und aus welcher Perspektive argumentiert werden soll.
Vielleicht kann man zumindest die vier genannten Perspektiven in Einklang bringen.

 

In diesem Artikel werden wir einen Lösungsansatz vorstellen, der die verschiedenen Facetten des Bewusstseins in einem kohärenten Rahmen vereint. Wir werden das Bewusstsein als fundamentale Orientierungsfunktion des Gehirns betrachten und zeigen, wie dieser Ansatz die scheinbar widersprüchlichen Aspekte des Bewusstseins in Einklang bringt.

 

 

2. Die Orientierungsfunktion des Bewusstseins

 

Um die verschiedenen Facetten des Bewusstseins in Einklang zu bringen, müssen wir einen gemeinsamen Nenner finden. Dieser lässt sich in der grundlegenden Orientierungsfunktion des Gehirns in der Welt verorten. Diese Perspektive erlaubt es uns, die scheinbar widersprüchlichen Aspekte des Bewusstseins zu vereinen und sowohl die erste als auch die dritte Person Perspektive zu berücksichtigen. Die Orientierungsfunktion ist allem Leben gemein, wenn auch mit unterschiedlichen Mitteln.

 

Aus der dritten Person Perspektive, also aus einer ontologischen Sichtweise, können wir Bewusstsein als die Fähigkeit des Gehirns definieren, den Organismus in seiner Umwelt zu orientieren und zu navigieren. Diese Navigation beschränkt sich nicht nur auf die räumliche Orientierung, sondern umfasst auch die Orientierung in sozialen, emotionalen und konzeptuellen Räumen.

Betrachten wir nun die erste Person Perspektive, so manifestiert sich diese Orientierungsfunktion als subjektives Navigieren per Denken und Empfinden. Hier zeigt sich die enge Verwobenheit dieser beiden Aspekte: Ein Organismus kann nur effektiv navigieren, wenn er eine empfindungsmäßige Rückmeldung erhält. Ohne diese Fähigkeit zur Empfindung wäre eine sinnvolle Interaktion mit der Umwelt unmöglich - man stelle sich vor, ein Lebewesen würde auf eine heiße Herdplatte fassen, ohne den Schmerz zu spüren und darauf zu reagieren.

 

 

3. Die neurobiologische Grundlage der Orientierungsfunktion

 

Um zu verstehen, wie diese Orientierungsfunktion auf neurobiologischer Ebene realisiert wird, müssen wir das Zusammenspiel verschiedener Gehirnsysteme betrachten. Eine Schlüsselrolle spielt dabei das endokrine System. Es ermöglicht dem Organismus, Empfindungen "abzubilden" und in physiologische Reaktionen umzusetzen.

 

Die vom endokrinen System produzierten Hormone und Neurotransmitter beeinflussen nicht nur unsere Stimmungen und Emotionen, sondern auch unsere kognitiven Funktionen. Sie modulieren unsere Wahrnehmung, Aufmerksamkeit und Entscheidungsfindung und spielen damit eine zentrale Rolle in unserem bewussten Erleben und unserer Fähigkeit, uns in der Welt zu orientieren.

Das Zusammenspiel von Neurotransmittern wie Dopamin, Serotonin und Noradrenalin beeinflusst unsere Motivationen, Emotionen und kognitiven Fähigkeiten. Dopamin beispielsweise ist entscheidend für Belohnungslernen und zielgerichtetes Verhalten, was für die Navigation in komplexen Umgebungen unerlässlich ist. Serotonin reguliert Stimmung und soziales Verhalten, was für die Orientierung in sozialen Kontexten von Bedeutung ist. Noradrenalin wiederum spielt eine wichtige Rolle bei der Aufmerksamkeitssteuerung und der Reaktion auf neue oder wichtige Reize.

 

Hormone wie Cortisol, das "Stresshormon", beeinflussen unsere Reaktionen auf Herausforderungen und Bedrohungen in unserer Umwelt. Das Oxytocin-System ist entscheidend für soziale Bindungen und Empathie, was für die Navigation in zwischenmenschlichen Beziehungen wichtig ist.

 

Diese komplexe Orchestrierung von Neurotransmittern und Hormonen bildet die biochemische Basis für unsere Fähigkeit, uns in der Welt zu orientieren und zu navigieren. Sie ermöglicht es uns, Informationen aus unserer Umwelt aufzunehmen, zu verarbeiten und darauf zu reagieren - die Grundlage des bewussten Erlebens. Ohne diese ‚Qualia-Funktion‘ wären wir philosophische Zombies, die zwar agieren würden wie Menschen, es aber nicht wirklich wären.

 

 

4. Integration von Qualia und höheren kognitiven Funktionen

 

Diese Sichtweise ermöglicht es uns, die zuvor erwähnten scheinbaren Widersprüche aufzulösen. Das subjektive Erleben (Qualia) und die höheren kognitiven Funktionen sind keine getrennten Entitäten, sondern zwei Seiten derselben Medaille - der Orientierungsfunktion des Bewusstseins. 

Qualia dienen als unmittelbare empfindungsmäßige Rückmeldungen, die für die Navigation essentiell sind. Sie liefern uns direkte, nicht-konzeptuelle Informationen über unseren Zustand und unsere Umgebung. Der Schmerz beim Berühren einer heißen Oberfläche, die Röte eines Apfels oder der Klang einer Symphonie sind Beispiele für Qualia, die uns unmittelbar Informationen für unsere Orientierung in der Welt liefern.

 

Höhere kognitive Funktionen hingegen ermöglichen eine abstraktere, längerfristige Orientierung. Sie umfassen Fähigkeiten wie logisches Denken, Planung, Problemlösung und Entscheidungsfindung. Diese Funktionen erlauben es uns, über unmittelbare Sinneseindrücke hinauszugehen und komplexe, abstrakte Konzepte zu verarbeiten.

 

Betrachten wir das eingangs erwähnte Beispiel der Beschäftigung mit Einsteins Relativitätstheorie. Aus der Perspektive der Orientierungsfunktion können wir verstehen, warum in solchen Momenten intensiver geistiger Aktivität andere Empfindungen wie Hunger in den Hintergrund treten. Das Bewusstsein fokussiert sich auf die Navigation durch komplexe konzeptuelle Räume, wobei die unmittelbaren körperlichen Bedürfnisse vorübergehend an Priorität verlieren.

Diese Integration von Qualia und höheren kognitiven Funktionen ermöglicht es uns, sowohl unmittelbar auf unsere Umwelt zu reagieren als auch langfristige Strategien zu entwickeln. Sie bildet die Grundlage für unsere Fähigkeit, uns in einer komplexen Welt zurechtzufinden und zielgerichtet zu handeln.

 

 

5. Bewusstsein als Kontinuum

 

Um die Orientierungsfunktion des Bewusstseins vollständig zu verstehen, ist es hilfreich, Bewusstsein nicht als binären Zustand zu betrachten, sondern als ein Kontinuum mit verschiedenen Graden und Qualitäten. Dieses Kontinuum erstreckt sich von tiefer Bewusstlosigkeit über verschiedene Stufen der Wachheit bis hin zu erweiterten Bewusstseinszuständen.

 

Am einen Ende des Spektrums finden wir Zustände wie Koma oder Tiefschlaf, in denen kaum bewusste Aktivität nachweisbar ist. In diesen Zuständen ist die Orientierungsfunktion des Gehirns stark eingeschränkt, aber nicht vollständig abwesend. Selbst im Tiefschlaf reagiert der Körper auf starke Reize, was eine rudimentäre Form der Orientierung darstellt.

 

Darauf folgen Zustände wie der REM-Schlaf, in dem lebhafte Träume auftreten. Träume können als eine Form der Orientierung in einer intern generierten Umgebung verstanden werden. Sie ermöglichen es dem Gehirn, Szenarien zu simulieren und emotionale und kognitive Prozesse zu verarbeiten, was für die geistige und emotionale Orientierung von Bedeutung ist.

 

Im Wachzustand selbst gibt es ebenfalls unterschiedliche Grade des Bewusstseins. Von der beiläufigen Wahrnehmung unserer Umgebung während wir uns auf eine Aufgabe konzentrieren, bis hin zu Momenten intensiver Präsenz und Achtsamkeit, in denen wir uns unserer Gedanken, Gefühle und Sinneseindrücke besonders gewahr sind. Diese verschiedenen Wachheitszustände entsprechen unterschiedlichen Modi der Orientierung, von automatisierter Routine bis hin zu hochfokussierter, bewusster Navigation.

Erweiterte Bewusstseinszustände, wie sie etwa durch Meditation oder bestimmte psychoaktive Substanzen hervorgerufen werden können, bilden einen weiteren interessanten Bereich dieses Kontinuums. In diesen Zuständen kann sich die Orientierungsfunktion des Bewusstseins auf ungewöhnliche Weise zeigen. Menschen berichten oft von einem Gefühl der Einheit mit ihrer Umgebung oder von einer Auflösung des Ich-Gefühls. Dies könnte als eine Form der Orientierung verstanden werden, bei der die Grenzen zwischen Selbst und Umwelt neu definiert werden.

 

Die Betrachtung des Bewusstseins als Kontinuum hilft uns, die Komplexität und Vielfalt mentaler Zustände besser zu verstehen und einzuordnen. Es zeigt auch, dass unser alltägliches Wachbewusstsein nur eine von vielen möglichen Konfigurationen ist, in denen unser Geist operieren kann. Jeder dieser Zustände bietet eine einzigartige Form der Orientierung und Navigation in der Welt.

 

 

6. Bewusstes und Unbewusstes in der Orientierungsfunktion

 

Die integrative Perspektive des Bewusstseins als Orientierungsfunktion erlaubt es uns auch, das Verhältnis zwischen bewussten und unbewussten Prozessen neu zu betrachten. Viele Orientierungsprozesse laufen unbewusst ab, während das Bewusstsein für komplexere, neuartige oder besonders wichtige Navigationsaufgaben zum Einsatz kommt.

 

Unbewusste Prozesse ermöglichen eine schnelle, automatisierte Orientierung in vertrauten Situationen. Wenn wir beispielsweise durch unser Zuhause gehen, navigieren wir größtenteils unbewusst durch den Raum. Unser Gehirn verarbeitet ständig Informationen aus unserer Umgebung und passt unser Verhalten entsprechend an, ohne dass wir uns dessen bewusst sind.

 

Bewusste Prozesse kommen ins Spiel, wenn wir mit neuen, komplexen oder besonders wichtigen Situationen konfrontiert sind. Wenn wir uns in einer unbekannten Stadt orientieren müssen, einen schwierigen Text lesen oder eine wichtige Entscheidung treffen, wird unser Bewusstsein aktiv eingesetzt, um die Situation zu analysieren und die beste Handlungsstrategie zu wählen.

Die Aufmerksamkeit fungiert dabei als Fokussierungsmechanismus, der die Orientierung auf besonders relevante Aspekte der Umwelt lenkt. Sie ermöglicht es uns, uns auf bestimmte Informationen zu konzentrieren und andere auszublenden, was für eine effektive Navigation in komplexen Umgebungen unerlässlich ist.

 

Diese dynamische Interaktion zwischen bewussten und unbewussten Prozessen ermöglicht eine flexible und effiziente Orientierung in der Welt. Sie erlaubt es uns, Routineaufgaben mit minimalem kognitiven Aufwand zu bewältigen, während wir unsere bewussten Ressourcen für anspruchsvollere Navigationsaufgaben reservieren.

 

 

7. Evolution und Entwicklung der Orientierungsfunktion

 

Die Betrachtung des Bewusstseins als Orientierungsfunktion eröffnet interessante Perspektiven auf die Evolution und Entwicklung des Bewusstseins. Aus evolutionärer Sicht können wir die Entstehung des Bewusstseins als Anpassung verstehen, die es Organismen ermöglicht, sich effektiver in ihrer Umwelt zu orientieren und zu überleben.

 

Einfache Organismen verfügen über rudimentäre Formen der Orientierung, wie etwa die Fähigkeit von Bakterien, sich in Richtung von Nahrungsquellen zu bewegen (Chemotaxis). Im Laufe der Evolution haben sich zunehmend komplexere Formen der Orientierung entwickelt, die es Tieren ermöglichen, in immer anspruchsvolleren Umgebungen zu navigieren.

 

Die Entwicklung des Neocortex bei Säugetieren markiert einen bedeutenden Schritt in der Evolution des Bewusstseins. Diese Gehirnstruktur ermöglicht komplexere Formen der Informationsverarbeitung und Verhaltenssteuerung, was zu einer verfeinerten Orientierungsfähigkeit führt.

 

Beim Menschen hat die Evolution des Bewusstseins einen Höhepunkt erreicht. Unser hochentwickelter Neocortex ermöglicht es uns, nicht nur in physischen, sondern auch in abstrakten, konzeptuellen Räumen zu navigieren. Wir können uns in sozialen Hierarchien orientieren, komplexe Probleme lösen und uns sogar in hypothetischen Szenarien zurechtfinden.

 

In der individuellen Entwicklung eines Menschen können wir die schrittweise Entfaltung dieser Orientierungsfunktion beobachten. Neugeborene verfügen zunächst über sehr grundlegende Formen der Orientierung, die sich hauptsächlich auf unmittelbare körperliche Bedürfnisse konzentrieren. Im Laufe der Kindheit entwickeln sich zunehmend komplexere Formen der Orientierung, einschließlich der Fähigkeit zur räumlichen Navigation, sozialen Interaktion und abstraktem Denken.

 

Diese entwicklungspsychologische Perspektive unterstreicht die Plastizität des Bewusstseins als Orientierungsfunktion. Durch Lernen und Erfahrung verfeinern wir ständig unsere Fähigkeit, uns in der Welt zu orientieren und zu navigieren.

 

 

8. Implikationen für die künstliche Intelligenz

 

Das Verständnis des Bewusstseins als Orientierungsfunktion hat auch wichtige Implikationen für die Entwicklung künstlicher Intelligenz (KI). Wenn wir Bewusstsein als Orientierungsfunktion begreifen, stellt sich die Frage, inwieweit KI-Systeme ähnliche Fähigkeiten zur Navigationin komplexen Umgebungen entwickeln können und ob dies möglicherweise zu Formen maschinellen Bewusstseins führen könnte.


Aktuelle KI-Systeme haben bereits beeindruckende Fähigkeiten zur Navigation in bestimmten Domänen entwickelt. Selbstfahrende Autos können sich in komplexen Verkehrssituationen orientieren, Schachcomputer navigieren durch riesige Entscheidungsbäume, und Sprachmodelle orientieren sich in den Strukturen natürlicher Sprache.


Die Herausforderung besteht darin, diese spezifischen Navigationsfertigkeiten zu einer allgemeineren Orientierungsfähigkeit zu erweitern, die der menschlichen ähnelt. Dies würde erfordern, dass KI-Systeme nicht nur in vordefinierten Domänen operieren, sondern flexibel zwischen verschiedenen Kontexten wechseln und neue Situationen bewältigen können.


Die Integration von Empfindungen oder Qualia-ähnlichen Zuständen in KI-Systeme bleibt eine große Herausforderung. Einige Forscher argumentieren, dass eine Form von künstlichem "Fühlen" notwendig sein könnte, um wirklich flexible und robuste Orientierungsfähigkeiten zu entwickeln. Dies könnte durch die Implementierung von Bewertungssystemen erreicht werden, die den emotionalen und motivationalen Aspekten des menschlichen Bewusstseins ähneln.
Letztendlich könnte die Entwicklung von KI-Systemen mit fortgeschrittenen Orientierungsfähigkeiten zu Formen von maschinellem Bewusstsein führen, die zwar anders als menschliches Bewusstsein, aber in ihrer Funktionalität vergleichbar sind.


Praktische Anwendungen der Orientierungsfunktionstheorie
Das Verständnis des Bewusstseins als Orientierungsfunktion hat nicht nur theoretische Bedeutung, sondern auch praktische Anwendungen in verschiedenen Bereichen:


1. Medizin und Psychiatrie: Diese Perspektive kann helfen, Bewusstseinsstörungen besser zu verstehen und zu behandeln. Beispielsweise könnten Depressionen als Störung der emotionalen und motivationalen Orientierungsfähigkeit betrachtet werden, während Schizophrenie als Beeinträchtigung der Fähigkeit zur kohärenten Realitätsorientierung verstanden werden könnte.


2. Bildung: Lernprozesse könnten als Erweiterung und Verfeinerung der Orientierungsfähigkeiten in verschiedenen Wissensdomänen konzipiert werden. Dies könnte zu neuen pädagogischen Ansätzen führen, die darauf abzielen, die Navigationsfähigkeiten der Lernenden in abstrakten Wissensräumen zu verbessern.


3. Mensch-Computer-Interaktion: Die Gestaltung von Benutzeroberflächen und digitalen Umgebungen könnte von einem tieferen Verständnis der menschlichen Orientierungsmechanismen profitieren. Dies könnte zu intuitiveren und benutzerfreundlicheren Designs führen.


4. Organisationspsychologie: In der Arbeitswelt könnte das Konzept der Orientierungsfunktion genutzt werden, um Arbeitsumgebungen und -prozesse zu optimieren. Dies könnte die kognitive Belastung reduzieren und die Produktivität steigern.


5. Künstliche Intelligenz: Wie bereits erwähnt, könnte dieses Verständnis die Entwicklung fortschrittlicherer KI-Systeme beeinflussen, die besser in der Lage sind, sich in komplexen und dynamischen Umgebungen zu orientieren.

 

 

9. Interdisziplinäre Perspektiven


Die Orientierungsfunktionstheorie des Bewusstseins bietet einen fruchtbaren Boden für interdisziplinäre Forschung und Zusammenarbeit. Sie verbindet Erkenntnisse aus verschiedenen Disziplinen und eröffnet neue Forschungsrichtungen:


1. Neurowissenschaften: Die Erforschung der neuronalen Grundlagen der Orientierungsfunktion könnte zu einem tieferen Verständnis der Gehirnmechanismen führen, die dem Bewusstsein zugrunde liegen.


2. Kognitive Psychologie: Die Untersuchung von Aufmerksamkeits-, Wahrnehmungs- und Entscheidungsprozessen im Rahmen der Orientierungsfunktion könnte neue Einblicke in die kognitiven Mechanismen des Bewusstseins liefern.


3. Philosophie des Geistes: Die Orientierungsfunktionstheorie bietet einen neuen Rahmen für die philosophische Diskussion über das Wesen des Bewusstseins und könnte helfen, einige der traditionellen Probleme in diesem Bereich neu zu formulieren.


4. Evolutionsbiologie: Die Erforschung der evolutionären Entwicklung der Orientierungsfähigkeiten bei verschiedenen Arten könnte Licht auf die Entstehung und Entwicklung des Bewusstseins werfen.


5. Informatik und KI-Forschung: Die Implementierung von Orientierungsfunktionen in künstlichen Systemen könnte sowohl zu Fortschritten in der KI als auch zu einem besseren Verständnis des menschlichen Bewusstseins führen.

 


10. Schlussfolgerung


Der Zauberwürfel des Bewusstseins, obwohl komplex und vielschichtig, erweist sich als lösbar, wenn wir ihn durch die Linse der Orientierungsfunktion betrachten. Diese integrative Perspektive ermöglicht es uns, die verschiedenen Aspekte des Bewusstseins - von Qualia über höhere kognitive Funktionen bis hin zu unterschiedlichen Bewusstseinszuständen - in einem kohärenten Rahmen zu vereinen.


Indem wir Bewusstsein als fundamentale Fähigkeit des Gehirns zur Navigation und Orientierung in der Welt verstehen, können wir sowohl die subjektive erste-Person-Perspektive als auch die objektive dritte-Person-Perspektive berücksichtigen. Wir sehen, wie Empfindungen und Denken, Emotionen und Kognition, bewusste und unbewusste Prozesse als integrale Bestandteile dieser Orientierungsfunktion zusammenwirken.


Diese Sichtweise eröffnet neue Wege für die Bewusstseinsforschung, von der Neurowissenschaft über die Psychologie bis hin zur Philosophie und KI-Forschung. Sie bietet praktische Anwendungsmöglichkeiten in Bereichen wie Medizin, Bildung und Technologieentwicklung.